Chance zur Veränderung?

Geschlechterrollen in der Migration

Didaktisierung: Prof. Dr. Martin Lücke

Sachinformation

Worum geht es?

Migrationsgeschichte als Geschlechtergeschichte zu begreifen führt zu einer besonderen Justierung dieses historiografischen Feldes. So kann im Rahmen einer Analyse, die nach den jeweils anderen Bedingungen von Migration für Männer und Frauen fragt, zum Beispiel in den Blick geraten, dass das Feld der Erwerbsarbeit generell männlich kodiert war und Frauen im Zuge der Erwerbsmigration bis in die 1970er Jahre nur für besondere Tätigkeits­felder zugelassen wurden (z. B. für Tätigkeiten in der Elektroindustrie). Der sogenannte „Familiennachzug“ in den 1970er Jahren war vor allem ein Wanderungsprozess, der fast immer selbstredend von Männern als den aktiv im Erwerbsleben Handelnden ausging, wäh­rend Frauen diejenigen waren, die als Teil einer vollständigen, nun zusammengeführten Familie gedacht wurden. Gleichzeitig eröffnete Migration für Männer und Frauen unter­schied­liche Handlungsräume. Die Geschlechterverhältnisse in der ‚neuen’ Heimat waren andere als im Herkunftsland und boten insbesondere den Frauen in manchen Fällen neue Möglichkeiten von gesellschaftlicher und auch politischer Teilhabe. Gerade im Zuge des Familiennachzugs gerieten unterschiedliche Geschlechterverhältnisse in Konkurrenz zuein­ander und mündeten nicht selten in Konflikten, da alte Familienmodelle nicht immer in die Geschlechterstruktur des Migrationslandes passten. Die Anerkennung von Frauen in den Ziel­ländern der Migration wiederum war zudem von geschlechtsspezifischen Gesellschafts­ordnungen abhängig. So war etwa Vergewaltigung in der Ehe in der Bundesrepublik bis 1997 kein Straftatbestand und dementsprechend war die Behandlung von sexueller Gewalt als Grund politischer Verfolgung mit besonderen Problemen behaftet.

 

Welche Materialien werden verwendet?

Um der Komplexität und der Vielfalt des Themenfeldes Rechnung zu tragen, werden in diesem Modul zwei Audio-Geschichten aus dem migration-audio-archiv verwendet und mit Hilfe von Arbeitsblättern (Material 1 und 2) bearbeitet:

1. Mona YAHIA (Schriftstellerin aus Irak, die nach Israel und später nach Deutschland migrierte)

Audiodatei 46 min., eine Transkription des Interviews befindet sich in Sefa Inci Suvak und Justus Herrmann (Hg.). In Deutschland angekommen... Einwanderer erzählen ihre Ge­schichte 1955 – heute, München: Wissen Media Verlag, 2008, 228–235 (Zusatzinformation für Lehrkräfte)

2. ANNA (Polnische Reinigungskraft, die ca. 40 Jahre alt ist und ihre Rückkehr nach Polen plant)

Audiodatei 30 min., eine Transkription des Interviews befindet sich in Suvak und Herrmann, In Deutschland angekommen..., 298–305 (Zusatzinformation für Lehrkräfte)

 

Materialien

Material 1:      Arbeitsblatt – Biografische Skizzen

Material 2:      Arbeitsblatt – Die Geschichte von …

Material 3:      Audio-Interview – Mona Yahia

Material 4:      Audio-Interview – Anna

Material 5:      Arbeitsblatt – Interview mit einer Migrantin

Material 6:      Arbeitsblatt – Identifizierendes Erzählen: Ein Tagebucheintrag

 

Weiterführende Literatur

Suvak, Sefa Inci und Justus Herrmann (Hg.). In Deutschland angekommen... Einwanderer erzählen ihre Geschichte 1955 – heute, München: Wissen Media Verlag, 2008.

Herbert, Ulrich. Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, München: C.H. Beck Verlag, 2001.

Grundlagendossier Migration der Bundeszentrale für politische Bildung, hier insbesondere: Carolin Butterwegge. „Politische Migration von Migrantinnen und Migranten”, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration/56334/migration-in-deutschland, zuletzt geprüft am 06. September 2019.

Paulus, Julia, Eva-Maria Silies und Kerstin Wolff (Hg.). Zeitgeschichte als Geschlechterge­schichte: Neue Perspektiven auf die Bundesrepublik, Frankfurt am Main und New York: Campus, 2012.

Sie können auch die gesamte Materialsammlung zusammen mit dem kompletten Text dieser Unterrichtseinheit herunterladen.