Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung
Unterschiedlichkeit verstehen, Ungleichheit vermeiden
Ablaufplan
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Stunde 1: Start ins Thema "Geschlecht"
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Lernziele
- Die Schüler*innen (S*S) nähern sich dem Thema Geschlecht.
- Sie erarbeiten und analysieren erste Aspekte von Geschlechtsidentität und Vorurteilen und halten diese für sich fest.
- Die S*S verstehen, dass sie selbst über ihre eigene Geschlechtsidentität entscheiden können.
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Vorbereitung
- Eine Abspielmöglichkeit des Videos (Material 1) ist gegeben.
- Papier und Stifte, evt. eine Pinnwand /Tafel oder Whiteboard stehen zur Verfügung.
- Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 2 und 11 an.
- Sie liest sich die Materialien 10 und 11 durch.
- Hinweis: Die Lehrkraft achtet schon jetzt auf geschlechterreflexive Schreib- und Sprechweise bei sich selbst (Begründung siehe Handreichung Lehrkräfte, Material 10). In der zweiten Unterrichtsstunde wird im Video zu LGBTIQA* der Gender Star (siehe auch Material 10) erläutert. Informieren Sie sich bereits vorher mithilfe von Material 11 über die zentralen Begrifflichkeiten dieser Unterrichtseinheit.
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1 . Einstieg
Dauer 15 min- Zu Beginn werden die S*S in einer Übung gebeten, ihre Assoziationen zu den beiden Berufsfeldern „Feuerwehr“ und „Kindergarten“ aufzumalen.
- Die Lehrkraft achtet auch bei der Einführung des Themas darauf, auf Berufsbezeichnungen, die ein Geschlecht vorgeben (wie „Erzieherin“ oder „Feuerwehrmann“), zu verzichten.
- Die S*S geben den beiden gemalten Personen einen Namen. Die Kinder können dies entweder vorne im Klassenzimmer an der Tafel/dem Whiteboard oder am Platz mit Stift und Papier tun und die Bilder nach Fertigstellung an eine Pinnwand heften.
- Die S*S und die Lehrkraft fassen das Gemeinsame, aber auch Singuläres der Bilder zusammen:
- Was fällt an den Bildern auf?
- Wird einer der Berufe vielleicht eher mit Männern, der andere eher mit Frauen in Verbindung gebracht?
- Die Lehrkraft berichtet, dass diese Übung auch von Reportern des Kindernachrichtenmagazins neuneinhalb durchgeführt worden ist. Ob es hier zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist und woran das liegt, soll ein Video (Material 1) zeigen.
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2 . Stimulus
Dauer 25 min- Das Video aus Material 1 wird abgespielt.
- Die Lehrkraft fragt, was im Video zu sehen war. Die S*S fassen den Inhalt des Videos zusammen. Ggf. kann das Video auch bei Minute 4:50 kurz unterbrochen und in zwei Phasen gezeigt werden. Offene Fragen werden geklärt.
- Vertiefend können diese Zitate von Dr. Stevie Schmiedel diskutiert werden. Die Lehrkraft achtet darauf, dass keines der Zitate auf ein*e Schüler*in bezogen und ggf. zur Belustigung der annderen dienen kann:
- „Vor allem süßer Beerenduft. Was ist, wenn ein Junge nach Beeren riechen möchte?“
- „Wir wollen nicht den Einheitsmenschen haben. Alle sollten alles dürfen.“
- Die Lehrkraft fragt die S*S:
- Wie seht ihr das mit den geschlechtsgetrennten Produkten?
- Würdet ihr euch Stevies Wunsch anschließen?
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3 . Vertiefung und Hausaufgabe
Dauer 5 min- Der Sachtext (Material 2) fasst die Inhalte dieser Stunde zusammen und wird ausgegeben. Er wird als Hausaufgabe weiter bearbeitet.
- Die Lehrkraft erklärt, dass zu Beginn der nächsten Stunde ein paar Zeichnungen oder GIFs der Klasse präsentiert werden (Arbeitsauftrag des Materials 2).
- Das Glossar (Material 11) kann als Unterstützung für die ganze Unterrichtseinheit ausgeteilt und so später bei Bedarf hineingeschaut werden.
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Stunde 2: Sexuelle Orientierung und Normen
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Lernziele
- Die S*S lernen die zentralen Begriffe zum Thema sexuelle Orientierung kennen.
- Die S*S können gesellschaftliche Normen als hergestellt zuordnen.
- Die S*S erhalten einen ersten Zugang zum Thema Diskriminierung am Beispiel der Homofeindlichkeit.
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Vorbereitung
- Die Lehrkraft druckt Material 3 in ausreichender Anzahl aus und schneidet die Informationskarten aus.
- Eine Abspielmöglichkeit des Videos (Material 4) ist gegeben.
- Ausreichende Kopien der Arbeitsblätter (Material 5) sind vorbereitet.
- Tafel/Whiteboard oder ein großes Plakat, Klebeband, ggf. Stifte bzw. Kreide sind vorhanden.
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4 . Rückblick
Dauer 5 min- Ausgewählte Bilder und GIFs der S*S können der Klasse kurz präsentiert und alle an der Wand aufgehängt werden, sodass die Kinder auch später noch einen Blick darauf werfen können (Hausaufgabe Material 2).
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5 . Einstieg
Dauer 10 min- Die Lehrkraft schreibt die Begriffe „Heteronormativität“ und „Homofeindlichkeit“ mit einem großen Abstand zwischen ihnen an die Tafel oder ein großes Plakat.
- Die Informationskarten (Material 3) werden den Begriffen zugeordnet und die Lehrkraft erörtert diese. Weitere Informationen zum Thema sexuelle Orientierung und Normen findet die Lehrkraft in der weiterführenden Literatur.
- Die Lehrkraft notiert den Begriff „Normen“ zwischen „Heteronormativität“ und „Homo-feindlichkeit“, um einen Transfer zu den Geschlechterrollen aus der letzten Stunde herzustellen. Sie erläutert, was Normen sind, gibt Beispiele und erklärt, dass Benachteiligungen dann entstehen, wenn Menschen den Normen nicht entsprechen.
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6 . Stimulus
Dauer 10 min- Die Lehrkraft fragt die S*S, ob sie schon einmal die Bezeichnung LGBTIQ* gehört haben. Die Buchstabenkombination kann an die Tafel/auf das Plakat geschrieben werden, um die Erklärung zu unterstützen. Wenn einzelne S*S dies bejahen, bittet die Lehrkraft sie, es den Mitschüler*innen zu erklären und fragt die Lehrkraft nach dem Kontext.
- Die Lehrkraft spielt das Video ab und bittet die S*S, auf die genannten Begriffe zu achten und sich Unklares zu notieren.
- Die Lehrkraft fragt nach den Notizen der S*S und klärt unklare Begriffe durch das Zurückgeben ins Plenum („Gute Frage, kann das jemand beantworten?“).
- Hinweis:
In dem Erklärvideo wird als Titelbegriff LGBTIQ* verwendet. In vielen neueren Materialien und auf social Media, wird der Buchstabenreihe noch ein A angehängt für die sexuelle Orientierung asexuell (siehe Glossar).
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7 . Erarbeitung
Dauer 15 min- Die Lehrkraft teilt die Infografik (Material 5) aus und bittet die S*S, es in Gruppenarbeit zu lesen, sich zu folgender Fragestellung Gedanken zu machen und Ergebnisse zu notieren:
- Wie ist der Begriff Homofeindlichkeit zu verstehen?
- Welche Auswirkungen kann Homo-feindlichkeit für die ausgegrenzten Menschen haben?
- Die Lehrkraft teilt die Infografik (Material 5) aus und bittet die S*S, es in Gruppenarbeit zu lesen, sich zu folgender Fragestellung Gedanken zu machen und Ergebnisse zu notieren:
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8 . Diskussion und Abschluss
Dauer 5 min- Die S*S präsentieren ihre Erarbeitungen und erhalten Raum für Unklarheiten, Fragen und Diskussion.
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Stunde 3: Soziale Ungleichheit und Diskriminierung
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Lernziele
- Die S*S erschließen sich verschiedene Formen von Diskriminierung aus den Geschichten.
- Sie systematisieren und diskutieren die Erlebnisse der Personen.
- Sie versetzen sich in die Person hinein und erleben andere Sichtweisen.
- Die S*S verstehen, dass soziale Ungleichheit multiperspektivisch ist.
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Vorbereitung
- Die Lehrkraft fertigt ausreichend Kopien der Geschichten aus Material 6 an (jede Geschichte 5-6mal, je nach Anzahl der S*S).
- Weiße Plakate und ausreichend Stifte stehen zur Verfügung.
- Die Lehrkarft zeichnet die Tabelle wie in Material 7 beschrieben vor.
- Für den Einstieg in die dritte Stunde empfiehlt es sich, sich vorab auf mögliche sensible oder diskriminierende Situationen und diesbezügliche Handlungsoptionen vorzubereiten und die genaue Thematisierung dieses Schrittes abzuwägen, um sicherzustellen, dass die S*S persönliche Geschichten erzählen wenn sie dies möchten, sich aber nicht dazu genötigt fühlen.
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9 . Einstieg
Dauer 15 min- Die Lehrkraft führt den Begriff der „sozialen Ungleichheit“ ein und fragt, welche Formen von Ungleichheit und Ausgrenzungen den S*S bekannt sind.
- Hinweis:
Soziale Ungleichheit ist ebenso wie Geschlecht von der Gesellschaft hergestellt. So entscheidet die Gesellschaft, welche Faktoren zu sozialer Ausgrenzung führen. Diese können sehr rigide verfolgt werden z.B. durch Gesetze, oder interaktional sein, z.B. durch Gruppenausschluss. - Gemeinsam überlegt die Gruppe, welche Konsequenzen soziale Ungleichheit für LGBTIQ* Personen haben kann.
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10 . Arbeitsphase
Dauer 15 min- Die S*S teilen sich in Gruppen ein, erhalten je Gruppe eine Geschichte (Material 6).
- Die S*S lesen ihre Geschichte und überlegen sich Antworten auf folgende Fragen:
- Was passiert in der Geschichte?
- Wo erlebt die Person soziale Ungleichheit und wird ausgegrenzt?
- Die S*S halten die Ergebnisse auf den Plakaten fest.
- Eine Vorlage zur Plakatgestaltung findet die Lehrkraft in Material 7.
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11 . Abschluss und Diskussion
Dauer 15 min- Die Plakate werden aufgehängt. Die Lehrkraft bittet die S*S, ihre Ergebnisse zu erläutern.
- Die Lehrkraft fasst zusammen (und ergänzt gegebenenfalls), dass soziale Ungleichheit viele Facetten haben kann und immer auch die Perspektive der Betroffenen eine Rolle spielt. Diskriminierung ist einerseits strukturell zu verstehen, ist aber immer von den biografischen Erfahrungen der Menschen abhängig. Das betrifft sowohl die Wahrnehmung einer Diskriminierung als auch deren psychische Auswirkungen. Was für die eine Person sehr schlimm ist, kann für eine andere Person weniger schlimm sein. Kommunikation ist deswegen immer relevant.
Als eine weitere Perspektive kann die Lehrkraft mit einbringen, dass Betroffene selbst Diskriminierungserfahrungen bagatellisieren können, weil ihnen das die Macht gibt, sich selbst zu definieren. Jede Person ist eigenmächtig in der Lage, wie sie ihre Situation deuten möchte. - Die Lehrkraft weist die S*S darauf hin, dass sie mit etwaigen Hilfsangeboten versichtig sein müssen, um nicht übergriffig zu werden oder anderen ihre eigene Deutungen der Situation abzusprechen.
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Stunde 4: Unterstützung für diskriminierte Personen
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Lernziele
- Die S*S leisten den Transfer von der vorherigen Unterrichtsstunde und denken aktiv über Unterstützungsmöglichkeiten nach.
- Sie nehmen aktiv verschiedene Perspektiven ein und lernen, sich in andere hineinzuversetzen.
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Vorbereitung
- Die Geschichten und Plakate aus der vorherigen Stunde sind wieder mitzubringen.
- Geeignetes Befestigungsmaterial (z.B. Klebeband, Pinnaldeln, Magneten, o.Ä.), Stifte und Moderationskarten stehen bereit.
- Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien des Arbeitsblattes (Material 8) an und liest sich selbst Material 9 durch.
- Ggf. Informationsmaterial für die S*S zu sozialräumlichen Mitbestimmungs- und Unterstützungsangeboten.
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12 . Einstieg
Dauer 5 min- Die Lehrkraft hängt die Geschichten (Material 6) aus der vorherigen Stunde an die Tafel. Daneben schreibt sie die Frage: Wie können wir unterstützen?
- Die Lehrkraft erläutert, dass soziale Ungleichheit manchmal nur mit Hilfe anderer – nicht diskriminierter – Menschen bekämpft werden kann. Die Klasse solle nun gemeinsam darüber nachdenken, was die Betroffenen selbst tun könnten und wo sie Hilfe von anderen benötigen.
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13 . Arbeitsphase
Dauer 15 min- Die S*S werden per Zufallsprinzip in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält Stifte und Moderationskarten sowie einen Arbeitsauftrag (Material 8), die jeweilige Geschichte sowie das dazu erarbeitete Plakat aus der letzten Sitzung.
- Die S*S bearbeiten den Arbeitsauftrag und notieren sich die Lösungen auf den Moderationskarten.
- Hinweis:
Sollte sich die Gruppenarbeit aufgrund des Alters der Klasse als herausfordernd gestalten, ist hier auch der Einsatz der Methode des Think/Pair/Share denkbar. In dieser Methode werden individuelle und kooperative Lernprozesse miteinander verbunden. Die Dreigliedrigkeit des Verfahrens ermöglicht eine strukturierte Umsetzung auch für Gruppen mit jungen S*S. Weitere Informationen: https://www.bpb.de/lernen/grafstat/grafstat-bundestagswahl-2013/148908/think-pair-share.
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14 . Ergebnissammlung
Dauer 5 min- Die S*S kleben ihre Moderationskarten mit den Lösungen unter die jeweilige Geschichte an der Tafel.
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15 . Präsentation
Dauer 15 min- Die S*S präsentieren ihre Lösungen. Die Lehrkraft fragt ggf. nach, warum ihnen diese Lösung eingefallen ist.
- Die Lehrkraft verallgemeinert die Unterstützungsmöglichkeiten (Material 9), damit diese auch auf andere Situationen zutreffen.
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16 . Abschluss
Dauer 5 min- Die Lehrkraft fasst die Unterstützungsmöglichkeiten zusammen und dankt den S*S für das kreative Potential.
- Die Lehrkraft informiert zum Abschluss der Stunde darüber, welche Möglichkeiten es an der eigenen Schule zum Einbringen in partizipatorische Mitbestimmungsprozesse gibt (Schüler*innenvertretung, Verweis auf Schulsozialarbeit und deren Sprechstunde, wie auch die Nummer gegen Kummer als Hilfeort. Siehe hierfür https://www.nummergegenkummer.de/).
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Sie können auch die gesamte Materialsammlung zusammen mit dem kompletten Text dieser Unterrichtseinheit herunterladen.